Apostrophitis
Um weiteren Apostrophen-Katastrophen vorzubeugen, wollen wir an dieser Stelle etwas detaillierter erläutern, wann im Deutschen ein Apostroph verwendet werden darf und wann nicht.
Bei der Apostrophitis handelt es sich um eine polemische Bezeichnung für das normwidrige Setzen von Apostrophen, genauso wie bei der Bezeichnung „Deppenapostroph“. Die griechische Endung -itis bezeichnet in der medizinischen Sprache eine Entzündung und deutet hier an, dass es sich beim Setzen der unnötigen Apostrophe um ein „krankhaftes“ Verhalten handeln würde. Dann wollen wir mal ein bisschen Doktor spielen und mit den offenbar sehr weit verbreiteten Irrtümern zu diesem Thema aufräumen:
Wann wird ein Apostroph gesetzt?
Fangen wir mit den erfreulichen Regeln an, nämlich damit wo im Deutschen ein Apostroph erlaubt ist:
- Ein Apostroph kann dort gesetzt werden, wo das Pronomen „es“ zu „s“ verkürzt wird.
Beispiele: Wie geht’s? Mach’s gut! Sag’s mir! Wenn’s weiter nichts ist.
Die Nutzung von Apostrophen ist in diesem Fall aber nicht zwingend nötig, man kann sie hier laut neuer Rechtschreibung auch weglassen.
. - Ein Apostroph kann gesetzt werden, wenn der unbestimmte Artikel „ein/eine“ zu „n“ verkürzt ist, was vor allem bei der Wiedergabe von gesprochener Sprache auftritt:
Beispiele: Was ’n Glück! Haste mal ’nen Euro? So ’n Blödsinn!
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- Zwingend vorgeschrieben ist die Setzung eines Apostrophs bei der Kennzeichnung des Genitivs von Namen, die auf s, ss, ß, tz, z und x enden. Er ersetzt hier das Genitiv-s.
Beispiele: Hans’ Mutter, Max’ Cousine, Ministerin Zypries’ Gesetzentwurf
Nicht gesetzt werden sollten Apostrophe hingegen in folgenden Fällen:
- Bei Eigennamen im Genitiv steht in der Regel niemals ein Apostroph (außer bei Namensendungen auf s-Laute, siehe oben).
Beispiele: Marias Schwester, Angela Merkels Politik, Goethes Gedichte, Moskaus Sehenswürdigkeiten
. - Wenn ein bestimmter Artikel mit einer vorangehenden Präposition verschmilzt, wird in der Regel ebenfalls kein Apostroph gesetzt.
Beispiele: ums Leben kommen, aufs Ganze gehen, ins Wasser springen, unterm Tisch
. - Zum Haare raufen wird es, wenn versucht wird, Apostrophen beim Plural-s zu setzen. Korrekt muss das Plural-s ohne Apostrophe immer folgendermaßen aussehen (gilt auch für Abkürzungen mit Plural-s):
Beispiele: Autos, CDs, DVDs, Babys, Handys
. - Völlig abwegig ist die Verwendung von Apostrophen in ganz normalen Wörtern, die auf -s enden, oder gar auf andere Buchstaben.
Beispiele:
falsch: nicht’s, stet’s, morgen’s, Nudel’n, Hand’y
richtig: nichts, stets, morgens, Nudeln, Handy
Anmerkung zur neuen Rechtschreibung:
Mit der neuen Rechtschreibreform wurde die oben bereits erwähnte Regel, dass bei Eigennamen im Genitiv im Deutschen (im Gegensatz zur englischen Sprache) kein Apostroph erlaubt ist, laut Duden aufgeweicht. Vor der Reform (bis zum Jahr 1996) waren die Regeln glasklar und es galt folgendes:
- Andreas Imbiss gehört Andrea.
- Andreas’ Imbiss gehört Andreas.
Im Jahr 1996 wurde in den Duden aber ein Hinweis aufgenommen, der folgendermaßen lautet: „Gelegentlich wird ein Apostroph gesetzt, um die Grundform eines Namens zu verdeutlichen.“ Es wäre demnach also erlaubt, „Andrea’s Imbiss“ zu schreiben, um zu verdeutlichen, dass es sich um den Imbiss von Andrea handelt. Laut Duden sollen hierdurch Mehrdeutigkeiten verhindert werden. Die Regeln waren aber vorher auch schon glasklar, denn „Andreas Imbiss“ war auch zuvor schon eindeutig Andrea zuzuordnen.
Der Duden hat sich hierdurch auf gefährliches Glatteis begeben, denn die oben zitierte Aussage aus dem Duden kann quasi als Freibrief genutzt werden, um überall einen Genitiv-Apostroph einzufügen. Wer fälschlich „Peter’s Geburtstag“ schreibt, obwohl es hier nie Mehrdeutigkeiten geben kann, wird sich also prinzipiell immer damit herausreden können, er hätte doch nur die Grundform des Namens verdeutlichen wollen.
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Typografie bei Apostrophen:
Die Form des Apostrophs stammt aus seiner ursprünglichen Verwendung in Manuskripten, wo er durch einen Punkt mit einem nach unten weisenden Abstrich, der im Uhrzeigersinn gekrümmt ist, gezeichnet wurde. Der in der Typografie verwendete Apostroph gibt diese Form in den meisten Schriftarten wieder.
Das typografisch korrekte Apostrophzeichen ’ ist ein kleiner, leicht von rechts oben nach links unten geneigter Bogen, der einem hochgestellten Komma oder einer Ziffer 9 ähnelt und sich auf der Höhe der Überlängen der Schrift befindet. Das Aussehen ist abhängig vom verwendeten Schriftschnitt. Per Tastatur kann der typografisch korrekte Apostroph folgendermaßen eingegeben werden:
- unter Windows durch Alt+0146
- unter Mac OS X bei deutscher Tastaturbelegung mittels ⌥+⇧+#, bei deutsch-schweizerischer Tastaturbelegung mittels ⌥+⇧+!
- unter Linux mittels Alt Gr+⇧+B (bzw. Alt Gr+⇧+N oder Alt Gr+# bei neueren deutschen Layouts)
- im Quelltext von Webseiten über
’
(HTML-Entity)
Sollte das typografisch korrekte Apostrophzeichen nicht zur Verfügung stehen, zum Beispiel auf mobilen Geräten mit eingeschränktem Zeichenumfang, gibt es als Ersatzzeichen für den Apostroph das Zeichen ‘ (Unicode U+0027), ein gerader, senkrechter Strich, der nur bei entsprechenden technischen Beschränkungen anstelle des korrekten Apostrophes eingesetzt werden sollte. Erzeugt wird das Ersatzzeichen folgendermaßen:
- beim deutschen Tastaturlayout über die Tastenkombination ⇧+#
- bei Schweizer Tastaturen ist rechts neben der 0 eine Taste ', die das Ersatzzeichen direkt ausgibt.
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Deppenapostroph-Galerie:
Wer nach dieser doch recht trockenen Regelkunde ein bisschen Abwechslung braucht, kann in unserem Blog die lustigsten und kuriosesten Deppenapostrophen-Bilder anschauen.